Top 5: Kultige und beinharte Abwehrspieler der 90er Jahre

Jürgen Kohler im Trikot der deutschen Nationalmannschaft grätscht gegen einen iranischen Spieler

Früher war nicht alles besser aber vieles anders. So auch die Innenverteidiger der 1. Bundesliga. Wo heute Mats Hummels und Konsorten elegant den Ball führen und „das Spiel aufbauen“ müssen, grätschten damals furchteinflößende Männer mit Schnauzbärten und schmutzigen Trikots ihre Gegenspieler um. Sie hießen nicht „Innenverteidiger“, sondern Manndecker. Mit nostalgischen Gefühlen erinnern wir uns an fünf kultige, beinharte Abwehrspieler der 90er Jahre.

5. Uwe Bindewald

„Zico“ nannten die Fans von Eintracht Frankfurt den Verteidiger aus der Wetterau. Bei diesem Spitznamen war eine Menge Augenzwinkern dabei, denn mit dem eleganten Ballstreichler, der in den späten 70er und frühen 80er Jahren im Mittelfeld der brasilianischen Nationalmannschaft die Fäden zog, hatte Uwe Bindewald nicht viel gemeinsam. Vielmehr wurde er in Frankfurt für seinen bedingungslosen Einsatz geliebt. Das ist auch heute noch so, denn es kommt schon mal vor, dass die Eintracht Fans im Chor seinen Namen skandieren, wenn sie mit dem Engagement der aktuellen Adlerträger nicht einverstanden sind.

4. Dirk Schuster

Der kernige Verteidiger aus der damaligen Karl-Marx-Stadterlebte nach seinem Karriereende einige erfolgreiche Jahre als Trainer, als er Darmstadt 98 von der dritten Liga direkt im direkten Durchmarsch in die Bundesliga führte und dort im ersten Jahr sensationell den Klassenerhalt schaffte. Damals wurde er in einem Interview gefragt, wie er denn zu seiner aktiven Zeit mit einem extrem schnellen Flügelstürmer wie Darmstadts Marcel Heller umgegangen wäre. „Der wäre in der ersten Minute erstmal in die Werbebande geflogen und dann hätte es Einwurf gegeben“, entgegnete Schuster grinsend und wohl in der Hoffnung, die aktiven Bundesligaverteidiger mögen dies nicht wörtlich nehmen.

Mit Vokuhila-Frisur und Oberlippenbart verkörperte Schuster, der seine erfolgreichste Zeit beim Karlsruher SC hatte, idealtypisch die Optik des 90er Jahre-Abräumers. Vor seiner Zweikampfführung und seinen Grätschen zitterten die Ballkünstler der Bundesliga. Tragisch fast, dass sein berühmtester Zweikampf eigentlich gar keiner war. Schuster war der Gegenspieler von Andreas Möller, als dieser im Trikot des BVBs zu seiner berühmtesten Schwalbe ansetzte, die ihm nachträglich eine Sperre und fortan sein Heulsusen-Image einbrachte. „Das war eine Schutzschwalbe. Ich dachte, dass Dirk Schuster mich voll umhauen würde“, begründete Möller damals. Der entrüstete Schuster schnaubte entgegnete: „Zwischen uns hätte ein Kleinwagen gepasst“.

3. Michael Klinkert

1989 von Schalke zur Borussia Mönchengladbach gekommen, spielte, grätschte und fightete sich Michael Klinkert rasch in die Herzen aller Borussen. So wurde er bald zum Kapitän ernannt und nahm 1995 in diesem Amt den DFB-Pokal entgegen – bis heute der letzte Titel für die Elf vom Niederrhein.

Was Klinkert vor allem auszeichnete, war seine Kopfballstärke. Er scheute keinen Luftzweikampf, was ihm unter anderem auch mehrere schwere Gehirnerschütterungen einbrachte. Kaum war er jedoch aus dem Lazarett zurück, hielt er die Birne gleich wieder rein. Belohnt wurde dies auf der anderen Seite auch mit immerhin 17 Toren allein im Trikot der Borussia – für einen Verteidiger eine stattliche Bilanz.

Doch Klinkert war kein reines Raubein, welches nur zulangt und das Spiel nicht verstanden hätte. Mit ihm und dem Schweden Patrick Andersson in der Innenverteidigung etablierte Bernd Kraus die erste Viererkette in der Bundesliga. Das Gelingen dieses damals kühnen Vorhabens bedurfte hohes taktisches Verständnis und Spielintelligenz der Ausführenden.

2. Jürgen Kohler

Einen seiner derbsten Zusammenstöße erlebte der oben erwähnte Klinkert mit Jürgen Kohler und wurde anschließend bewusstlos vom Platz getragen. Kohler, der aus der guten Verteidiger-Schule von Waldhof Mannheim stammt, war zu dieser Zeit im Trikot des BVB längst ein Weltstar. Seine kompromisslose Spielweise führte in aus der Pfalz bis in die große, weite Fußball-Welt.

Weltmeister 1990, Europameister 1996, italienischer Meister, Pokalsieger und UEFA-Cup-Sieger mit Juventus Turin, Deutscher Meister mit Bayern und Dortmund sowie Campions League- und Weltpokal-Sieger mit dem BVB: Das alles kann sich der „Kokser“ in den Lebenslauf schreiben. 1997 wurde er außerdem zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt. Bis heute ist er der letzte Verteidiger, dem diese Ehre zuteilwurde.

1. Uli Borowka

Der gelernte Maschinenschlosser verbreitete in den 80er Jahren für Borussia Mönchengladbach, später dann für Werder Bremen Angst und Schrecken. Spitznamen wie „Eisenfuß“ oder „die Axt“ zeugen vom großen Respekt, den die Gegenspieler vor dem gebürtigen Sauerländer hatten. Dass er von seinen Kollegen einige Jahre hintereinander zum unbeliebtesten Spieler der Liga gewählt wurde, dürfte für Borowka lediglich eine Bestätigung gewesen sein.

Denn dieser kultivierte sein Image als Treter auch in gewisser Weise. Dem jungen Olaf Thon soll einst mi Kabinengang angekündigt haben: „Wenn du heute über die Mittellinie kommst, breche ich dir beide Beine“. Neben seiner harten Gangart zeichnete er sich auch durch seinen festen Schuss aus, was ihm im September 1990 die Wahl zum Torschützen des Monats einbrachte. Im Spiel gegen den FC Bayern drosch er das Spielgerät aus 35 Metern in den Winkel.

Einen seiner größten Verdienste leistete Borowka nach seiner aktiven Karriere. In seinem Buch „Volle Pulle“ schrieb er offen über seine jahrelange Alkoholsucht und deren Folgen.

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