Friedl und Kostić: Wenn zwei streiken, freut sich niemand

Filip Kostic von Eintracht Frankfurt

Gleich zwei streikende Arbeitnehmergruppen beherrschen in der Bundesrepublik aktuell die Schlagzeilen. Während man für die Lokomotivführer grundsätzlich Verständnis aufbringen kann, muss man sich über die Arbeitsniederlegung zweier Fußballprofis doch ein wenig wundern.

Flankengott und Filigrantechniker Filip Kostić hat bereits einige Erfahrung im Arbeitskampf sammeln können. Schon der Wechsel von Stuttgart nach Hamburg im Jahr 2016 ging nicht gerade geräuschlos über die Bühne. Der Flügelflitzer positionierte sich öffentlich in aller Deutlichkeit und brachte den VfB durch das kategorische Ausschließen anderer Interessenten in eine schwierige Verhandlungsposition. Im Ländle bei den kostenbewussten Schwaben sah man so etwas gar nicht gerne.

Nach dem ersten Abstieg des ausgestorbenen Bundesliga-Dinos war die Lust des Linksaußen auf die „attraktivste zweite Liga Europas” (Zitat von Trainerlegende und Porsche-Fahrer Peter Neururer) offensichtlich eher überschaubar. Es zog ihn stattdessen nach Frankfurt – und zwar mit einer solchen Dringlichkeit, dass er einem Pflichtspiel gegen Sandhausen fernblieb, weil das Abrufen seiner Leistung in Anbetracht der Umstände für ihn „nicht möglich” gewesen sei. Beim HSV sah man spätestens zu diesem Zeitpunkt ein, dass die Arbeitsbeziehung nachhaltig zerrüttet war und man sich einen motivationslosen Großverdiener im Unterhaus nicht leisten sollte. Die Eintracht bedankte sich und zahlte im Sommer 2018 trotz eines höheren Marktwerts und einer Vertragsrestlaufzeit von drei Jahren lediglich sechs Millionen Euro Ablöse.

In der abgelaufenen Transferperiode hatte Kostić dann Lazio Rom als nächste Karrierestation ausgemacht. Um seinem Wechselwunsch Nachdruck zu verleihen, schwänzte er das Abschlusstraining vor dem Bundesligaspiel gegen Arminia Bielefeld und die Eintracht musste auf diesem Wege lernen, was ein wiederkehrendes Verhaltensmuster ist.

Streiken gegen Zweitklassigkeit: Ist das schon Klassenkampf?

Im Gegensatz zum streikerprobten 28-Jährigen hatte sich der 23-jährige Marco Friedl bisher noch nie derart weit aus dem Transferfenster gelehnt, doch in diesem Sommer wagte er sich zum ersten Mal ebenfalls auf das erfolgsversprechende Terrain des Spielboykotts. Wie schon Kostić beim Hamburger Nordrivalen war auch Friedl beim frischgebackenen Zweitligisten in Bremen scheinbar nicht so recht für die Mission „Direkter Wiederaufstieg” zu begeistern. Zugegebenermaßen gleicht diese angesichts des Sparkurses von Manager Frank Baumann auch einem Hasardspiel – nicht zu verwechseln mit dem für Werder unerschwinglichen Glücksspiel.

Friedl selbst wollte schon gerne aufsteigen und in der Bundesliga spielen, aber eben nicht über eine erfolgreiche Saison an der Weser, sondern mit einem Wechsel zu Union Berlin. Beim Kultklub aus Köpenick hätte der Verteidiger im neuen UEFA-Produkt Conference League sogar auf der europäischen Bühne glänzen können.

Das Nordduell gegen Hansa Rostock kam Friedl in dieser Gemengelage natürlich äußerst ungelegen. Weil er in dem „Dilemma” nicht die „volle Konzentration” habe aufbringen können, weigerte er sich aufzulaufen.

Wer Streik sät, wird nichts ernten

Letztlich gelang es weder dem erfahrenen Kostić noch dem jungen Friedl, einen Wechsel zu erzwingen. Stattdessen erwartet die beiden nun jeweils eine empfindliche Strafe – und natürlich die weitere Anstellung beim ungeliebten Arbeitgeber.

Tatsächlich hatte Kostić gestreikt, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch gar kein offizielles Angebot der Biancocelesti eingegangen war. In Rom scheiterte man wohl an den Tücken der Technik, denn die Übermittlung der Offerte war fehlgeschlagen. Als man die Panne bemerkte, war es zu spät und eine Einigung kam nicht mehr zustande. Dass die Eintracht das italienische Bestreben womöglich absichtlich mit einer falschen E-Mail-Adresse sabotiert haben könnte, ist zweifellos eines der schönsten Gerüchte dieses Transfersommers.

In Bremen erhielt man einige Tage vor Toresschluss auf dem Transfermarkt noch einmal ein verbessertes Angebot für Friedl, doch auch dieses genügte den Verantwortlichen nicht. Weil Baumann eisern blieb, wurde Friedl kein Eiserner.

Der Wirbel um die beiden Protest-Profis erwies sich als heiße Luft, denn von alldem blieb am Ende nicht viel übrig – außer der Zerstörung von jahrelang aufgebauter Reputation innerhalb weniger Tage und der Erkenntnis, dass die Lokomotivführer im Vergleich mittlerweile deutlich höhere Chancen haben, ihre Forderungen durchzusetzen.

Titelbild: AFP

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.