Olivier Giroud: Der Unterschätzte
Nur selten ist von Olivier Giroud die Rede, wenn über die besten Stürmer seiner Generation diskutiert wird. Dabei erzielt er Traumtore, arbeitet für seine Mitspieler und gewinnt die größten Titel des Weltfußballs. Seit gestern ist er nun auch alleiniger Rekordtorschütze der französischen Nationalmannschaft.
Mit dem 52. Treffer im blauen Trikot überholte Giroud den großen Thierry Henry. Kein Franzose konnte so häufig für sein Land treffen. Weder Karim Benzema noch Antoine Griezmann. Nicht Henrys kongenialer Sturmpartner David Trezeguet und auch nicht der legendäre Just Fontaine. Eine solche Zahl kommt nicht zufällig zustande. Sie steht für jahrelange Konstanz auf allerhöchstem Niveau.
Das Rekordtor war dazu auch noch besonders wichtig: Im Achtelfinale gegen Polen erzielte Giroud kurz vor der Pause das 1:0 für die Équipe Tricolore. Aber auch danach zeigte Frankreichs Mittelstürmer seine Qualität: Den Konter vor dem 2:0 durch Kylian Mbappé leitete Giroud ein. Am späteren 3:1-Sieg und am Viertelfinaleinzug hatte er deshalb maßgeblich Anteil.
Die erste erfolgreiche Titelverteidigung seit 60 Jahren bleibt damit weiterhin möglich. Vor vier Jahren war Giroud mit Frankreich Weltmeister geworden – ohne einen einzigen Torschuss abzugeben. Trotzdem gehörte er nach einem Jokereinsatz im Auftaktspiel in allen folgenden Partien zur Startelf. Mit seiner Präsenz im Sturmzentrum war Giroud auch ohne eigenen Treffer wichtig für das Star-Ensemble um ihn herum.
Auch auf der Klubebene kann Giroud große Erfolge vorweisen: Den HSC Montpellier schoss er 2012 als Torschützenkönig zur einzigen französischen Meisterschaft der Vereinsgeschichte. Mit dem FC Chelsea gewann er 2019 die Europa League und 2021 die Champions League – dabei erzielte er jeweils die meisten Treffer für die Blues in dem Wettbewerb. Besonders sein Fallrückzieher im Achtelfinale der Königsklasse gegen Atlético Madrid dürfte vielen Fans noch bestens im Gedächtnis sein. In der letzten Saison wurde er außerdem mit Milan italienischer Meister. Hinzu kommen noch mehrere Pokalsiege in England mit Arsenal und Chelsea.
Eine beeindruckende Titelsammlung
Dass Giroud so oft übersehen wird, hat sicherlich auch damit zu tun, dass er erst relativ spät den Durchbruch schaffte. Noch 2010 hatte er in der zweiten französischen Liga gekickt – zwei Jahre zuvor sogar in der dritten. Heute ist er Weltmeister, hat in den beiden höchsten europäischen Wettbewerben triumphiert und weitere Titel in drei verschiedenen Ländern gewonnen. Giroud mag nicht der auffälligste Stürmertyp sein, doch mit seiner ganz eigenen Spielweise ist er überaus erfolgreich – und das schon über einen langen Zeitraum hinweg.
Foto: AFP