Die meisten Länderspiele – Sergio Ramos knackt den europäischen Rekord

Sergio Ramos (AFP)

Spanien, die Dritte. Doch diesmal arbeiten wir uns nicht an der Unterlegenheit der deutschen Nationalmannschaft ab, sondern würdigen Sergio Ramos. Der Verteidiger von Real Madrid wurde in dieser Woche zum Europäer mit den meisten Länderspieleinsätzen.

Viele beschreiben Sergio Ramos kurz und knapp als Unsympathen. Und sie haben in der Regel gute Gründe dafür. Zum einen kann der 35-Jährige ob seiner vielen gelben Karten und seiner hart geführten Zweikämpfe als Raubein bezeichnet werden. Zum anderen kann man ihm – drücken wir es vorsichtig aus – ein ausgeprägtes Ego attestieren.

Dies manifestiert sich in seinem exzentrischen Erscheinungsbild aber auch in seinen Taten. So sind zum Beispiel auf Pressekonferenzen von ihm schon einmal Sprüche zu hören, wie: „Schaut euch einfach meine Vita an.“ Doch, was soll man sagen? Schaut euch seine Vita an!

In den drei großen Turnieren, die Spanien zwischen 2008 und 2012 gewann, war Ramos jedesmal unumstrittener Stammspieler. Genauso im Verein bei Real Madrid. Mit den Königlichen gewann er viermal die Champions League, dreimal davon in Folge.

Ein Typ, den du beim Pausenkick als erstes wählst

Machen wir es kurz: Ramos ist ein Siegertyp und das in der Hochpotenz. Deswegen kommen etwaige charakterlichen Beanstandungen auch in aller Regel von Gegnern oder Fans der Gegnermannschaften. So gut wie nie kommen sie aus den eigenen Reihen. Auf dem Schulhof bist du Typen wie ihm lieber ausgewichen, hättest sie aber beim Pausenkick immer als erste in dein Team gewählt. Weil sie eine Erfolgsgarantie mitbringen und du dir um alles, was mit ihrer Position zu tun hat, schonmal keine Gedanken mehr machen musst.

Das bedeutet bei Ramos mitunter, dass Stürmer nicht viel zu lachen haben und sich darauf einstellen müssen, dass es wehtun wird. So zum Beispiel im Champions League Finale 2018, als Ramos Liverpools ägyptischen Wunderstürmer Mo Salah in einem Zweikampf am Arm festhielt, so dass dieser auf die Schulter fiel und für ihn nicht nur das Spiel, sondern auch der Start in die folgende Weltmeisterschaft gelaufen war.

Es bedeutet aber auch, dass Ramos, wenn es sein muss, die Dinge in der Offensive regelt. Unvergessen ist sein Kopfballtor, durch das Real im Champions League Finale 2014 in letzter Sekunde doch noch die Verlängerung erreichte und den Stadtrivalen Atletico schließlich bezwang. Zuletzt bekam Borussia Mönchengladbach Ramos‘ unbedingten Willen zu spüren, als die komfortable 2:0 Führung nicht über die Zeit gebracht werden konnte. Ramos lieferte in der 85. Minute eine Kopfballablage, die Benzema zum Anschlusstreffer nutzte. Es war der Grundstein zum späteren Ausgleich.

Auch übernimmt Ramos für Verein und Nationalmannschaft regelmäßig die Verantwortung bei Elfmetern. Seine Kritiker waren natürlich hämisch, als er zuletzt im Spiel gegen die Schweiz zweimal aufreizend lässig antrabte und jeweils an Torhüter Yann Sommer scheiterte. Dabei vergessen sie aber, dass er zuvor rekordverdächtige 23 Elfmeter am Stück versenkt hatte – ebenfalls in seiner an Arroganz grenzenden Lässigkeit.

Erstkarriere als unermüdlicher Rechtsverteidiger

Bevor Ramos zum international gefürchteten, kompromisslosen Innenverteidiger wurde, hat er quasi eine Erstkarriere als emsiger Rechtsverteidiger hingelegt. Bei den Turnieren 2008 und 2010 nahm man ihn noch als Dauerläufer wahr, der unermüdlich die Außenbahn hoch- und runterlief, dabei den Gegner offensiv unter Druck setzte und defensiv trotzdem immer zur Stelle war. Damals wurde er auch optisch völlig anders wahrgenommen. Mit schulterlangen Haaren und Mittelscheitel war von der heutigen schwer tätowierten und penibel frisierten Styler-Ikone noch nichts zu sehen.

Mit nun 178 Länderspielen hat Ramos Italiens wandelnde Torwartlegende Gigi Buffon überholt. Und das obwohl Keeper hier ob der seltenen Rotation eigentlich die höheren Chancen haben. Die Kicker-Freunde gratulieren Sergio Ramos und verneigen sich vor einem großen Sportler.

(Foto: AFP)

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