Defensiver Handlungsbedarf: Deutschland kassiert drei Treffer gegen die Türkei

Joachim Löw gestikuliert an der Seitenlinie

Gegen die Türkei dreimal die Führung aus der Hand gegeben, drei Spiele nicht gewonnen: Bei der deutschen Nationalmannschaft ist momentan der Wurm drin. Die Gründe sind vielfältig, doch vor allem die Abwehr wirkt seit einiger Zeit unsicher.

Wenn Lukas Podolski ernst dreinblickt, dann stimmt etwas nicht. Die Kölner Frohnatur hatte gestern als RTL-Experte die Leistung der deutschen Nationalmannschaft im Testspiel gegen die Türkei zu analysieren. Da gab es nichts schön zu reden. Nach vorne war das Spiel durchaus gefällig. Defensiv jedoch wurde der Eindruck der letzten Spiele nicht nur bestätigt sondern sogar erhärtet: Alles wirkt fragil.

Ein Gegentreffer kann jederzeit fallen

Von den Zeiten, als die Defensive der damaligen Weltmeistermannschaft jede brenzlige Situation nicht nur lösen, sondern meistens im Keim ersticken konnte, scheint das Team derzeit meilenweit entfernt. Mitte der 10er Jahre hatte man stets das Gefühl: Wenn Deutschland führt, wird das Spiel in der Regel auch nach Hause gebracht. Heute hat man den Eindruck, dass jederzeit ein Gegentreffer fallen kann.

Beim ersten türkischen Tor (50.) wollte man sich spielerisch aus der Defensive befreien und anstatt per weitem Ball zu klären schon von hinten den eigenen Angriff einleiten. Ein Direktpass von Nico Schulz unter Bedrängnis wurde jedoch vom Gegner abgefangen. In der Mitte legte Julian Brandt eine schwache Zweikampfführung an den Tag. Doch dies ist nun einmal erwiesenermaßen nicht seine Stärke. Der Distanzschuss von Tufan war allerdings auch sehenswert und für Torwart Bernd Leno spät zu sehen.

Neuhaus spekuliert auf den Pfiff, Kimmich nicht zu ersetzen

Dem zweiten Gegentor ging ein vermeintliches Foul des Torschützen Karaca an dem Debütanten Florian Neuhaus voraus (67.). Der Schiedsrichter bewertete dies anders und beide Sichtweisen sind vertretbar. Neuhaus spürte die Berührung des Gegenspielers und ließ sich in Erwartung des Pfiffes fallen. Die Situation lässt sich mit gutem Willen unter „unglücklich gelaufen“ verbuchen. Im zentralen Mittelfeld zeigten sowohl Brandt als auch Neuhaus keine perfekte Zweikampfführung. Bayerns Joshua Kimmich scheint mit seiner Aggressivität derzeit nicht zu ersetzen.

Der dritte türkische Treffer in der 94. Minute allerdings darf niemals so fallen. Wenn man schon zwei Ausgleichstreffer kassiert hat und dann ein drittes Mal Führung geht, muss hinten endgültig abgesichert werden. Bei dem Treffer handelte es sich nicht einmal um einen in den Strafraum gedroschenen Verzweiflungsball, der zufällig einem Stürmer vor die Füße fällt. Stattdessen spielten drei türkische Angreifer den Treffer durch den für Düsseldorf spielenden Keran Karaman intelligent heraus. Die deutschen Verteidiger waren in Überzahl im Strafraum. Bei konsequenter Manndeckung wäre das Tor verhindert worden.

So schön die eigenen Treffer durch Kapitän Julian Draxler (46.), Florian Neuhaus (58.) und Luca Waldschmidt (81) auch herausgespielt waren – defensiv herrscht bei Joachim Löw dringend Handlungsbedarf.

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