Die Hybris des Champions: Italien macht ähnliche Fehler wie Deutschland

Italien und Nordmazedonien Spieler auf dem Feld

Durch das überraschende Ausscheiden in den Playoffs gegen Nordmazedonien verpasst Italien zum zweiten Mal hintereinander die Weltmeisterschaft. Der amtierende Europameister verspielte in den Monaten nach dem Titelgewinn zunächst die direkte WM-Qualifikation, verdrängte jedoch die Möglichkeit des Scheiterns komplett – bis sie Wirklichkeit wurde. Einen ähnlichen Hang zur Realitätsverweigerung kennt man hierzulande auch.

Wenn man es nüchtern betrachtet, kam das Desaster nicht vollkommen unerwartet. Seit der Europameisterschaft konnte Italien nur zwei von sieben Länderspielen gewinnen: Ein WM-Qualifikationsspiel gegen Litauen und das Spiel um den dritten Platz bei der Nations League gegen Belgien. Bei den wirklich wichtigen Partien enttäuschte die Squadra Azzurra jedoch. Gegen die Schweiz kam man zweimal nicht über ein Unentschieden hinaus. Am letzten Spieltag konnten sich die Eidgenossen dann die WM-Teilnahme sichern, weil die Italiener nur 0:0 in Nordirland spielten.

Für Nationaltrainer Mancini noch kein Grund zur Sorge. Mit Blick auf die Playoffs sagte er im November der Gazzetta dello Sport: „Wir fahren im März zur Weltmeisterschaft und vielleicht werden wir sie dann gewinnen, ich bin total zuversichtlich.” Was für ein kolossaler Irrtum.

Der Knockout in der Nachspielzeit bei der 0:1-Heimniederlage gegen Nordmazedonien war natürlich extrem unglücklich. Ein Schussverhältnis von 32:4 zugunsten der Squadra Azzurra veranschaulicht ihre totale Überlegenheit. Gleichzeitig gehört aber auch zur Wahrheit, dass nur fünf der italienischen Versuche überhaupt aufs gegnerische Tor kamen – 11 gingen daneben, 16 wurden geblockt. Das spricht nicht gerade für ein zielgerichtetes Offensivspiel des Europameisters. Trotzdem will der italienische Verband mit Mancini als Nationaltrainer weitermachen.

Parallelen zu Deutschland

Ähnlich erging es der deutschen Nationalmannschaft nach ihrem letzten großen Titel. Das DFB-Team hatte nach der Weltmeisterschaft 2014 bei der darauffolgenden Austragung zwar immerhin noch die Endrunde erreicht, diese geriet jedoch zum Fiasko.

Siegestrunken hatte man den Kontakt zur Realität verloren und jeden Kritiker zum Ketzer erklärt. Der Slogan „Best NeVer Rest” war das sichtbare Zurschaustellen dieser Arroganz. Das großgeschriebene „V” stand dabei übrigens für die römische Fünf und symbolisierte den fünften deutschen WM-Titel, den man in Russland anstrebte. Das Ausscheiden bereits nach Gruppenphase war dann der große Knall – so wie das aktuelle Scheitern Italiens in den Playoffs.

Auch der deutsche Verband hielt daraufhin an seinem Erfolgstrainer fest. Zwei Jahre und ein weiteres verkorkstes Turnier später war dann aber endgültig Schluss. Nun bedeutet dies natürlich nicht zwangsläufig, dass es Italien mit Mancini genauso gehen muss. Klar ist aber, dass der Trainer des amtierenden Europameisters nur acht Monate nach dem Titelgewinn unter großem Druck steht.

Foto: AFP

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