Lucien Favre und der BVB – endlich ist getrennt, was nie zusammengehörte

Favre gibt Haaland und Reus Anweisungen

Nun ist es endlich geschehen: Lucien Favre ist Geschichte beim BVB. Eine Liason, auf der von Anfang an kein Segen ruhte, hat ihr unrühmliches Ende gefunden.

Klar, wer Fußballtrainer im Profibereich wird, möchte in der Regel das Maximum erreichen. Wäre man ein Typ, der glücklich ist mit dem, was er hat, der es beschaulich mag, der lieber bei einem mittelständischen Arbeitgeber bleibt, anstatt sich von einem Branchen-Giganten abwerben zu lassen – man würde sich niemals freiwillig dem öffentlichen Druck aussetzen, den nahezu jeder Trainer einer professionellen Fußballmannschaft hat.

Dementsprechend lag es auch für Lucien Favre nah, dem Lockruf des BVB zu folgen, als dieser ihn vor gut zweieinhalb Jahren aus Nizza loseiste. Schließlich erschienen bei Dortmund Titel zumindest in greifbarer Nähe und man kann regelmäßig höchstem internationalen Vereins-Parkett auf sich aufmerksam machen: Der Champions League.

Ewiger Vorwurf: „Er ist kein Typ wie Klopp“

Dennoch: Wer Favre in seiner Karriere intensiv beobachtet hat und weiß, wie sehr die letzte Entlassung bei Hertha an seinem Selbstbewusstsein gekratzt hatte, der konnte arge Zweifel bekommen, ob der Wechsel zu Schwarz-Gelb für den eigenwilligen Fußballlehrer die richtige Entscheidung war. In Mönchengladbach war Favre verehrt worden, bis er sich in einer Nacht- und Nebelaktion selbst entließ. In Nizza schätze man den Schweizer ebenfalls dafür, was er aus dem OGC herausgeholt hatte.

Aber in Dortmund ticken die Uhren anders. Dort schwelgt man bis heute in Erinnerungen an den Anfang des vergangenen Jahrzehnts, als es unter Jürgen Klopp zweimal gelungen war, den übermächtigen Bayern den Titel abspenstig zu machen. Seither wartet man dort sehnlich auf einen Klopp-Wiedergänger, der ein ähnlicher Menschenfänger sei, der auch die Skatrunde mit Watzke und Zorc komplettieren würde, der sich mal vor der Südkurve aufbauen würde und so weiter. All das traf weder auf die letzten Trainer, noch auf Favre zu und mit diesem Attest wurde der Schweizer belastet, seitdem er seine Arbeit bei der Borussia aufgenommen hatte.

Dass er einen besseren Punkteschnitt als der große Klopp aufzuweisen hat, wird oftmals geflissentlich übersehen. Ebenso dass die beiden Meisterschaften auch durch einen schwächelnden FC Bayern begünstigt wurden. Dass der große zwischenzeitliche Vorsprung in der vorletzten Saison auch deswegen verspielt wurde, weil der bei Bayern ebenfalls unterbewertete Nico Kovac eine fantastische Rückrunde mit den Münchenern hingelegt hatte.

Doch wenn man Favre in den zurückliegenden Monaten beobachtete, musste man auch klar bescheinigen, dass er nicht glücklich wirkte. Die enormen Ansprüche, die an ihn gestellt wurden und die letztlich unerfüllbar waren, schienen mental und auch körperlich an ihm zu nagen. Hinzu kamen Entscheidungen, die nicht wirklich seine schienen.

Kommt jetzt Marco Rose?

Das Riesentalent Moukoko derart überhastet, kaum dass dieser rechtlich gesehen Bier trinken durfte, wie mit der Geburtszange auf die Bundesliga-Bühne zu zerren, entsprach eigentlich nicht Favres Handschrift. Er schien nicht mehr ganz bei sich. Auch die anschließenden Aussagen des Trainers ließen vermuten, dass er gar nicht unbedingt mit vollem Herzen hinter dem Jugendwahn gestanden hatte. Dass Favre Moukoko beim Debakel gegen den VFB Stuttgart in Abwesenheit Haalands nicht in die Startelf gestellt hatte, wurde ihm wiederum zum Vorwurf gemacht. Insofern ist jetzt möglicherweise endlich getrennt, was niemals wirklich zusammengehörte.

Glaubt man den Experten, muss sich als nächstes Mönchengladbachs Coach Marco Rose entscheiden, ob er mit einem Wechsel nach Dortmund ein Stück näher an das unerreichbare Edelmetall rücken will, dafür aber seine Souveränität teilweise abgeben will und sich mit dem großen Schatten des omnipräsenten Phantoms Klopp messen will.

(Foto: AFP)

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