Vor vierzig Jahren: Ein Scheich stürmt den Platz

Der Scheich von Kuwait in einer Menschenmenge

An das Gruppenspiel zwischen Frankreich und Kuwait bei der Weltmeisterschaft 1982 würde sich heute wohl kaum noch jemand erinnern, wenn Scheich Fahd al-Ahmad al-Dschabir al-Sabah nicht gewesen wäre. Der Außenseiter vom Persischen Golf hatte gerade das vierte Gegentor kassiert, als der Präsident seines Fußballverbandes von der Ehrentribüne auf den Rasen stürmte und den Schiedsrichter zur Annullierung des Treffers aufforderte – mit Erfolg.

Bei ihrer ersten und bis heute einzigen WM-Teilnahme konnten die Kuwaiter direkt einen Überraschungserfolg landen: Im Auftaktspiel rangen sie der favorisierten Tschechoslowakei ein 1:1 ab. Scheich Fahd zahlte seinen Spielern nur für dieses Unentschieden eine Prämie von 175.000 Dollar.

Am 21. Juni 1982 traf die kuwaitische Auswahl dann im nordspanischen Valladolid auf Frankreich. Das zweite Gruppenspiel lief aus ihrer Sicht allerdings nicht so gut wie das erste. Bernard Genghini (31.), Michel Platini (43.) und Didier Six (48.) brachten die Franzosen mit drei Toren in Führung. Als die Schlussphase anbrach, verkürzte jedoch Abdullah al-Buloushi auf 1:3 (75.) und Kuwait schöpfte wieder Hoffnung.

In der 80. Minute nahm dann der Skandal seinen Anfang. Auslöser war die endgültige Entscheidung in der Partie durch Frankreichs vierten Treffer. Die Kuwaiter beschwerten sich über einen deutlich vernehmbaren Pfiff von den Zuschauerrängen kurz vor der Torerzielung durch Alain Giresse. Jenen hatten sie fälschlicherweise Schiedsrichter Miroslav Stupar zugeordnet und deshalb aufgehört zu spielen.

Um der Reklamation Nachdruck zu verleihen, forderte der Scheich seine Spieler zunächst auf, den Platz zu verlassen, ehe er selbst auf ebendiesen stürmte. Umringt von einer Menschentraube redete er minutenlang auf Stupar ein – und dieser nahm den Treffer tatsächlich zurück.

Die Folgen des Platzsturms

Die Niederlage konnte der Scheich damit allerdings nicht verhindern. Maxime Bossis erzielte sogar noch ein weiteres Tor für Frankreich (89.), gegen das keine Einwände erhoben wurden. So verlor Kuwait die Partie mit 1:4. Nach einer weiteren Pleite gegen England schied man als Gruppenletzter aus.

Die Strafe von 25.000 Schweizer Franken dürfte der Scheich aus der Portokasse bezahlt haben. Als Entschuldigung lud er die französische Nationalmannschaft später zu einem Freundschaftsspiel nach Kuwait ein – eine sicherlich nicht ganz uneigennützige Geste.

Einzig für Stupar hatte der Vorfall ernste Konsequenzen. Der sowjetische Schiedsrichter wurde direkt am Tag nach dem Spiel von der FIFA lebenslang gesperrt.

Foto: AFP

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